Mittwoch, 5. Januar 2005
meine freundin ulrike
ich hatte vergessen, wie behindert sie ist nach ihrer hirnblutung, die durch eine geplatzte ader verursacht worden ist.
vergessen, wie schlecht sie sieht. dass sie hinkt. dass ihr linker arm verkrampft ist und damit die hand kaum brauchbar.

wie unsicher sie durch diese behinderungen draußen ist, wie ängstlich, und wie aggressiv dadurch. und in wieviele absurde und auch gefährliche situationen sie dadurch gerät.

ich hatte vergessen, wie schön sie noch ist. vergessen, wie systematisch sie ihr leben wegwirft, jetzt, wo sich doch, trotz allem, scheinbar so viel zum guten gewendet hat. vergessen, wie schwierig sie ist.

ihre fähigkeit, innerhalb von 30 stunden meine miesesten eigenschaften rauszukitzeln, ist noch besser geworden. doch jetzt gebärde ich mich als schwein und giftspritze einer behinderten gegenüber. die schuldgefühle danach - riesig.

ach ulrike, ich werde deinen satz: *verschieb das leben nicht auf später - sieh mich an!* beherzigen.
ich werde das leben nicht verschieben. und ich werde dich ansehen. immer wieder. immer.