Freitag, 6. Februar 2004
im supermärktchen
viertel vor ladenschluss. eine kundin in ihren mittleren jahren, etwas gehetzt, schiebt einen randvollen einkaufswagen an die fleischtheke.
hinter der putzt eine jüngere dralle verkäuferin bereits die auslagen.

kundin: ein kilo gehacktes, bitte.
verkäuferin, fassungslos: es ist viertel vor sieben!
kundin, kalt: ich hab sie nicht nach der uhrzeit gefragt!

verkäuferin: ich hab schon die fleischmaschin sauber gemacht.
kundin: das ist doch ihr problem, wenn sie das vor ladenschluss machen.
verkäuferin: ich will auch mal pünktlich feierabend haben.
kundin: wer nicht.

das hackfleisch hat die kundin nicht bekommen. dafür hat sie den vollen wagen vor der theke stehen lassen und ist raus gegangen. wer den inhalt wohl wieder in die regale geräumt hat?

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find ich toll,
wie so manche Leute sich durchsetzen können, immer und überall ganz klar das Beste für sich beanspruchen, egal wieviel irgendwer anders dafür schuften muss.
Sowelche kommen durch. Immer.
Und man fragt sich, warum man ihnen nicht gewachsen ist.

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ich bin hin- und hergerissen ....
... welche der beiden ich bei dieser beobachteten szene sympathischer fand.
ich kenne beide; die kundin kann ein besen sein, nur muss sie halt auch schuften. wenn sie morgens anfängt, dann macht der laden gerade auf, wenn sie rauskommt, macht der laden gerade zu.
und sooo viel mehr als die thekenfrau verdient sie auch nicht.
tja.
ich hab mich noch nicht entschieden.

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was ich bei beiden vermisse
wäre so etwas wie ein Anflug gelebter Solidarität.
Zuviel verlangt?

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abends
nach einem langen hektischen tag, mit wer weiß was für anforderungen noch vor augen, in unkenntnis des jeweils anderen lebens ...

ich glaube, in solchen momenten ist solidarität wirklich zuviel verlangt. auch wenn sie gerade dann wünschenswert wäre.
wir wissen zu wenig von den anderen, nicht?

ich frag mich: wie hätte ich reagiert - als kundin? als verkäuferin?
ich hätt den wagen jedenfalls nicht stehen lassen; wenn ich einkaufen gehe, dann brauche ich das zeugs auch.

hätt ich die maschine nochmal angeworfen? nicht für jede und jeden, aber für manche schon, denk ich.

solidarität: meist geht sie in dem moment endgültig flöten, wenns um die eigene *wurst* geht.

(etwas später): das klingt alles düster, und doch ist es nicht so.
es gibt viele solidarische momente, täglich, jedenfalls in meinem leben.

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nachtrag
am erstaunlichsten finde ich nach längerem nachdenken, das keine eine lösung des problems versucht hat.

zum beispiel: wozu wird das frische hack gebraucht? gibt es irgendeine alternative, vielleicht abgepackt? vielleicht einfach was anderes kochen?

daraus hätte sich ein nettes kleines gespräch plus ein neues rezept ergeben können.

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